Beitrag

Buchauszug Reinhold Karner

ZUM BUCH
Reinhold M. Karner

Der Diesel ist tot! Es lebe das E-Auto?

Die Euphorie verdient eine nähere Betrachtung – und wer offen ist für Fakten, sieht das Thema möglicherweise skeptisch.

Elon Musk, Gründer des innovativen E-Autoherstellers Tesla Inc., hat zweifellos die Automobilindustrie und deren Markt auf den Kopf gestellt. Zu lange haben die Platzhirschen der Autoindustrie zukunftsfähige, nachhaltige Antriebstechnologien verschlafen. Die Debatte über Antriebsarten, ausgelöst durch den betrügerischen Diesel-Skandal bestimmter Hersteller, ist leider arm an Fakten. Die Debatte läuft eher emotional und interessengesteuert – und wegen der problematischen Luftqualität in vielen Städten auch unter Zeitdruck. Weitere Hektik bewirkt die Entscheidung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts, dass Diesel-Fahrverbote in Städten zulässig seien. Ein Urteil, das sich kaum nur alleine auf Deutschland auswirken dürfte.

Der erste Hybrid ist von 1912

Semper Vivus

Die Nachteile des E-Autos

Nun, der Elektroantrieb an sich ist nicht das Problem. Die große Frage ist, woher kommt der Fahrstrom dafür? Denn selbst die noch immer sehr teure Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt letztlich elektrische Energie. Zunächst klingt es ziemlich verlockend, dass es derzeit keinen effizienteren Antrieb gibt als den elektrischen: Um eine mechanische Kilowattstunde im Fahrzeug zu haben, sind „nur“ 1,4 Kilowattstunden beispielsweise aus einem Photovoltaik-Kraftwerk nötig. Ein Verlust von nur 30 Prozent von der Erzeugungsquelle des Stroms bis zum Rad gilt als vergleichsweise äußerst gering.

Die Probleme lauern woanders:

  • Generell würde ein E-Auto-Boom den Strom massiv verteuern, weil die Nachfrage steigt.
  • Für die Stromerzeugung brauchen wir noch über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg weiterhin nicht-erneuerbare, also "schmutzige" Energien. Also verlagern wir beim Akku-basierten E-Auto die Abgase weitgehend nur vom Auspuff zum Kamin fossiler Kraftwerke. Der Bürger sieht es nur nicht. Einzig die Schadstoffbelastung auf Kniehöhe (Auspuff) in z.B. Städten geht zurück, und die Kamine im Kraftwerk haben bessere Filter als ein Auto.
  • Im Grunde bestehen die Akkus für E-Autos – in ihren Komponenten aus den handelsüblichen aufladbaren Batterien (Batteriezellen genannt) die wir auch im Haushalt verwenden – nur eben massenhaft zum großen Akku gebündelt. Rasch kommt ein Gewicht von bis zu 750 Kilogramm zusammen.

Übrigens verdanke ich es auch meinem hochgeschätzten Freund Dr.-Ing. Ulrich Bez, einem der herausragendsten und erfahrendsten internationalen Autobosse, dass ich über dieses Thema so viel dazu gelernt habe. Mein Dank für die Unterstützung am Faktencheck für diesen Artikel gebührt zudem meinem österr. Freund Prof. Dr.-Ing. Manfred Weissenbacher, ein Profi für das Thema um Energie und insbesondere Batterien, vom Institut für nachhaltige Energien an der Universität von Malta.

Vernunft ist wie kühles Wasser

Mit der Thematik der Vernunft haben sich schon unzählige Philosophen wie Lao Tse (6. Jahrhundert v. Chr.), Aristoteles (384 – 322 v.Chr.) bis hin zu Immanuel Kant (1724 –1804) auseinandergesetzt. Die Abhandlungen dazu füllen Bibliotheken. In der modernen Verwendung wird Vernunft gerne als ein durch Denken bestimmtes geistiges menschliches Vermögen zur Erkenntnis beschrieben. Aber lassen Sie es mich etwas pragmatischer versuchen: Vernunft ist das, was die Mehrheit einer Kultur, einer Gesellschaft oder diejenigen, die hier das Wort führen, gerade für vernünftig erklären. Als vernünftig wird das eingestuft, was am realistischsten, pragmatischsten und am besten ist, um die aktuellen Probleme angemessen und stimmig zu lösen.

Vernunft ist jedoch immer abhängig von der Zeit und dem Zeitgeist: Was ich damit sagen will? Hier ein Beispiel: Es galt etwa früher als sehr vernünftig, bestimmte Mittel und Medikamente einzunehmen. Dazu zählte auch das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan. Dies wurde von etlichen Frauen gegen Schwangerschaftsübelkeit eingenommen. Doch Anfang der 1960er Jahre wurde bekannt, dass die Einnahme von Contergan schwere Fehlbildungen bei Neugeborenen verursacht. So war es plötzlich extrem unvernünftig, dieses Medikament einzunehmen. Vernunft hat also immer damit zu tun, wie die gegenwärtigen Erkenntnisse, die Problemlage und der gesellschaftliche Konsens im Hinblick auf die stimmigste Lösung und die pragmatischste Vorgehensweise aussehen. Somit hat Vernunft keinen Absolutheitswert.

Vernunft – das Klischee des alten Buchhalters

Stellen Sie sich das Klischee eines Buchhalters aus alten Zeiten vor – mit einem weißen Hemd, Ärmelschonern, einer runden Nickelbrille und lauter perfekt gespitzten Bleistiften auf dem Schreibtisch. Er ist der Inbegriff der Genauigkeit, der Verlässlichkeit, der klaren Regeln, der Fehlerfreiheit.

Ist das der Prototyp eines vernünftigen Menschen? Dem Buchhalter kommen keine Emotionen in die Quere. Er kennt keine Langeweile, sondern nur strenge Regeln, keine Alternativen. Das gibt ihm wenig Freiheit, aber sehr viel Verlässlichkeit und Sicherheit. Ein solches Leben zu führen, ist vielleicht nicht gerade spannend, aber irgendwie einfach, berechenbar, kräfteschonend, ohne große Zweifel und mit viel Alltagsroutine. Es gibt kaum Spielräume oder Überraschungen. Aber wäre ein solches Leben wirklich schön? Wohl kaum. Ein Leben, das wie eine Buchhaltung funktioniert, lässt vieles außen vor, was zum Menschsein gehört. Vor allem die Lebendigkeit und alles, was mit Freiheit, Ideen und Kreativität zu tun hat. All das käme deutlich zu kurz.

Vernünftig sein ist meist ziemlich unvernünftig

Manche definieren den Menschen als vernunftbegabtes Wesen, das in der Lage ist, sich vernünftig zu verhalten, vernünftig zu reflektieren und so zu vernünftigen Entscheidungen zu gelangen und diese dann auch umzusetzen. Solche vernünftigen Entscheidungen tragen das kleinstmögliche Risiko in sich und die größtmögliche Wahrscheinlichkeit, dass sich alles so verhält, wie berechnet, wie prognostiziert. Es gibt auch Menschen, denen sich die Haare sträuben, wenn sie diese Sätze nur hören. Für sie sind Begriffe wie Prognose, Planbarkeit, Logik oder Intelligenz Worthülsen, die keinen wirklichen Inhalt haben, sondern beliebig interpretiert werden können. Genauso ist es mit der Vernunft. Vernunft ist ein schönes Wort, ein Konstrukt, das nur auf eines abzielt: größtmögliche Sicherheit bei kleinstmöglicher Freiheit; größtmögliche Berechenbarkeit bei kleinstmöglichem Risiko. Und wenn man es so sieht, ist ein vernünftiges Leben ohne Lebendigkeit an sich schon ein Unding.

Natürlich gibt es gewisse Vorstellungen, Wünsche und Pläne, die man verwirklichen möchte. Nur ist das alles von Natur aus überhaupt nicht sicher. Denn das Leben und alles drum herum ist lebendig, offen und völlig unberechenbar. Deshalb ist für ein interessantes, gutes, erfolgreiches Leben und erst recht für das Unternehmertum vor allem eines gefragt: Mut! Mut zum Sprung ins kalte Wasser, Mut zum Risiko, Mut zum Wagnis, Mut zu einem Verhalten, das grob unvernünftig, ja waghalsig ist. Es gilt, sich begeistern, inspirieren und faszinieren zu lassen, nicht nur zu denken, sondern auch zu wünschen und zu träumen. Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen den Mut, etwas zu unternehmen, den Mut zu handeln, anzupacken, weiterzumachen. Vielleicht sogar umzudenken, neu anzufangen, umzubauen. Egal, ob das vernünftig oder unvernünftig ist. Egal, ob das gerade Common Sense ist oder nicht.

Egal, ob das statistisch mehr oder weniger stimmt oder nicht. Wer handelt und entscheidet, kann Fehler machen – richtig! Wer nichts entscheidet, nichts tut, abwartet, bleibt möglicherweise fehlerfrei und tadellos. Insofern wäre Letzteres vernünftiger. Aber so würde ein Unternehmer oder eine Unternehmerin nie etwas bewegen, nie etwas erreichen, nie erfolgreich sein. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen entscheiden, wagen, handeln, sich engagieren, die Ärmel hochkrempeln, eben etwas unternehmen und riskieren. Ganz nach dem Motto: Wer wagt, der gewinnt! Das ist der Kern des Unternehmertums! Ja, wer wagt, kann auch verlieren. Aber am Ende ist auch der Misserfolg, das Scheitern, der Verlust eine Lektion, die den späteren Gewinn umso sicherer, umso größer, umso strahlender werden lässt.

Es geht nicht darum, die Vernunft zu verdammen. Manchmal ist es vielleicht sogar vernünftig, vernünftig zu sein. Aber die Vernunft darf nicht zum beherrschenden Element werden! Im Gegenteil: Unternehmer und Unternehmerinnen müssen ihrem kühnen, begeisterungsfähigen und auch unvernünftigen Unternehmergeist – vielleicht manchmal sogar ihrem verrückten Genie – viel Raum und Möglichkeiten geben, um das Unternehmen voranzubringen und auf Erfolgskurs zu halten.

Lesen Sie den restlichen Buchauszug in dem Management-Blog der WirtschaftsWoche weiter.

Artikel in Ganzer länge lesen?

Tragen Sie unten Ihren Namen und Ihre E-Mail-Adresse ein und schon ist der Artikel in voller Länge auf dem Weg zu Ihnen. Vielen Dank für Ihr Interesse!
Thank you! Your submission has been received!
Oops! Something went wrong while submitting the form.
No items found.
Q&A’s abonnieren
Möchten Sie gerne über »RMKs« kostenfreie Frage und Antwort Online-Sessions informiert werden und ggf. teilnehmen?
JETZT »RMK» auf Social media Folgen UND NICHTS VERPASSEN
Es wäre schön, wenn auch Sie ein Teil der RMK-Social-Media-Community wären!
WEITERE interessante beiträge entdecken
6.2.2022
Entrepreneur-ship: für die Ewigkeit gebaut?
Die durchschnittliche Lebensdauer von Unternehmen sinkt bedenklich. Derzeit beträgt sie nur knapp zehn Jahre. Neugründungen scheitern inzwischen sogar bis zu 80...
SPEZIAL
Zum Beitrag
22.9.2023
Dinge neu denken
In der Geschichte der Menschheit gab es immer wieder Zeiten, in denen es auf- und abwärts ging. Insbesondere für Unternehmen ist es wichtig, in Zeiten wie diesen...
SPEZIAL
Zum Beitrag
24.4.2022
Ein menschen-gerechtes Entlohnungs-modell
Gute und loyale Mitarbeiter sind und bleiben – trotz Digitalisierung, KI und Robotik – das wichtigste und wertvollste „Kapital“ von Organisationen. Denn letztlich...
SPEZIAL
Zum Beitrag
6.12.2021
Angst vor der Zukunft?
Ja, auch die aktuellen Zeiten sind in der Tat etwas herausfordernd. So hat uns Covid-19 nicht nur aus unserer altgewohnten Komfortzone geworfen, sondern es...
SPEZIAL
Zum Beitrag
25.10.2021
Klimaschutz? Funktioniert leider nicht!
So sehr die Sorge über den Klimawandel verständlich und ernst zu nehmen ist, so ernüchternd sind die neuesten Fakten. Die Idee des Klimaschutzes sowie das...
SPEZIAL
Zum Beitrag
18.10.2023
Liebe Unternehmer, vergesst Darwin
Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen übersteht die ersten zehn Jahre. Schuld daran, so meint unser Autor, ist, dass es zu früh ums zu schnelle Geld geht.
SPEZIAL
Zum Beitrag
7.12.2023
Unternehmertum auf dünnem Eis?
Die Bedeutung eines krisenfesten, werteorientierten und langfristig ausgerichteten Unternehmertums wird gerade in Zeiten des Schönwetters sträflich unterschätzt.
SPEZIAL
ZUR PUBLIKATION
14.11.2021
Die Welt der Start-ups ist zu einem Wilden Westen geworden
Die moderne Start-up-Kultur hat sich zu einer schädlichen Mode entwickelt. Erschreckenderweise produziert sie bis zu 80 Prozent zum Scheitern verurteilter Fälle...
SPEZIAL
ZUR PUBLIKATION
1.2.2024
Unternehmenswerte – Moderne Klassiker im zeitgemäßen Gewand
Die Krisenfestigkeit von Unternehmen stand noch nie so sehr infrage, wie sie es derzeit ist und vermutlich auf lange Sicht sein wird.
SPEZIAL
ZUR PUBLIKATION
12.1.2024
Kein Erfolgsrezept
In der Start-up-Branche ist Erfolg die Ausnahme, Scheitern die Norm. Das ist mittlerweile bekannt. Wann aber wachen wir endlich auf?
SPEZIAL
ZUR PUBLIKATION

Unternehmertum – Taten statt warten ist das Gebot der Stunde

Sie suchen Tipps und Hintergrundwissen oder möchten Reinhold M. Karner kennenlernen? Dann sichern Sie sich hier Ihren Mehrwert.

Den »RMK« Erfolgstipp der Woche jetzt abonnieren!

Reinhold M. Karner gibt Ihnen jede Woche einen handfesten praktischen Tipp für erfolgreiches Unternehmertum. Diese sind Ihre ergänzenden Shortcuts zum nachhaltigen Erfolg.
only available in german
DANKE FÜR IHRE REGISTRIERUNG!
Bitte checken Sie Ihren E-Mail-Posteingang, um Ihre Registrierung zu bestätigen.
Etwas hat nicht funktioniert! Probieren Sie es noch einmal oder kontaktieren Sie uns per E-Mail.
ZUM BUCH
Q&A’s
Vielen Dank für die Einreichung Ihrer Frage!
Diese wird nun überprüft und ggfs. in der nächsten Online-Einheit aufgegriffen und beantwortet. Aufgrund vieler Einreichungen können wir keine Garantie abgeben, dass jede Frage behandelt wird.
Etwas hat nicht funktioniert! Probieren Sie es noch einmal oder kontaktieren Sie uns per E-Mail.