Ein modernes, menschengerechtes Entlohnungsmodell
Diesen Artikel hatte ich zuerst in Englisch in der Sunday Times of Malta veröffentlicht. Online-Link "A modern, humane remuneration model for workers"oder als PDF/Printausgabe hier zu finden.
Welche vier Denkmuster Unternehmer und Mitarbeiter überwinden sollten
Gute und loyale Mitarbeiter sind und bleiben – trotz Digitalisierung, KI und Robotik – das wichtigste und wertvollste „Kapital“ von Organisationen. Denn letztlich sichert der Mensch durch Kreativität, Verantwortung und Engagement, langfristigen Erfolg und Wohlstand. Daher ist seit jeher die Frage, wie faire Entlohnung aussieht, nachhaltig, erfolgsstimulierend und attraktiv für Mitarbeiter und Arbeitgeber.
Ein Entlohnungsmodell sollte nicht zu komplex und doch stimmig sein. Zugleich stehen oft alte Denkmuster im Weg – lassen Sie uns hier einmal vier davon thematisieren:
- Das erste antiquierte Denkmuster besagt, Arbeit sei Zwang. Arbeit sei eine unumgängliche Notwendigkeit und könne nicht auf Freiheit, Freude und Selbstverwirklichung beruhen.
- In der Folge lautet das zweite Denkmuster, Menschen seien von Natur aus arbeitsunwillig. Daher müsse man sie entweder motivieren („Zuckerbrot“) oder unter Druck setzen („Peitsche“). Dabei läuft beides auf die unwürdige und falsche Unterstellung hinaus, der Mensch sei an sich faul und wolle gar nicht arbeiten.
- Das dritte, ebenso unzutreffende Denkmuster ist, Arbeitgeber hätten nichts anderes im Sinn, als Mitarbeiter möglichst knapp und klein zu halten sowie auszubeuten.
- Das vierte falsche Denkmuster ist die Annahme, ein guter Arbeitnehmer begehre selbst oder durch eine Vertretung ständig auf und gebe den wehrhaften David gegen Goliath.
Diese Denkansätze führen dazu, dass man gegeneinander arbeitet, sich aufreibt und frustriert. Ein robuster, nachhaltiger Erfolg ist allerdings nur im Miteinander zu erzielen. Erst recht, wenn Sinnvolles im Mittelpunkt steht und Begeisterung eine Rolle spielt. Dann zeigt sich oft: Die allermeisten Menschen erbringen mit Vergnügen und Befriedigung gute Leistungen, denken im Sinne des Unternehmens mit und sind hervorragende Teamplayer. Sofern Führungskräfte ihnen das nötige Vertrauen entgegenbringen.
Menschen arbeiten gern
Seien wir ehrlich: In einem Sozialstaat muss niemand arbeiten. Wir überleben auch so. Trotzdem nutzen die meisten Menschen die Freiheit, sich den Traumjob oder zumindest einen Arbeitsplatz mit Entfaltungsmöglichkeiten zu suchen. Alternativ kann jeder jederzeit sogar sein eigener Boss als Selbständiger oder Unternehmer werden. Und auch das Engagement von Unternehmern beruht rein auf Freiwilligkeit und Freude daran – das übersehen die europäischen Neidgesellschaften gern. Jeder Top-Performer könnte alternativ die Füße hochlegen, sich anstellen lassen oder an der Börse sein Glück versuchen.
Und damit sind wir bei der Basis eines zeitgemäßen Entlohnungsmodells: Es braucht Vertrauen und ein respektvolles Verhältnis auf Augenhöhe. Arbeitnehmer sollten darauf vertrauen können, dass ein anständiger Arbeitgeber das Unternehmen auch im Sinne seiner Mitarbeiter führt und dabei allen Mitarbeitern eine faire Entlohnung zugesteht. Und dass der ehrbare Unternehmer sich nicht einseitig eine goldene Nase verdienen will, zugleich ihm aber natürlich Gewinne zustehen und nötig sind – auch, damit das Unternehmen weiterbestehen und sich möglichst krisensicher aufstellen kann. Denn Krisen wird es immer geben.
Drei Stufen der Entlohnung
Sind diese Voraussetzungen erst einmal hergestellt, hat sich dieses dreistufige Hybrid-System bewährt:
Stufe 1 – Grundentlohnung: Jeder Mitarbeiter braucht zunächst eine fixe Basisentlohnung, mit der jeden Monat verlässlich zu rechnen ist, um seine Fixkosten abzudecken (Wohnung, Haushalt und Ernährung, Kleidung, Sachkosten, Mobilität u.a.). Dieser Basisbezug sollte nie so hoch sein, dass er dem Mitarbeiter bereits genügt. Vielmehr ist dies – bewusst – eher das unterste Übliche auf dem Markt, damit die weiteren Entlohnungsstufen ihre gewünschte, lenkende Hebelwirkung entfalten.
Stufe 2 – die leistungsabhängige Komponente: Hierbei geht es um Wertschätzung, Anerkennung und Erfolgsbeteiligung für gute Leistung. Diese richtet sich danach, was in diesem Beruf und in der jeweiligen Branche gefragt ist. Um der Willkür vorzubeugen, sind für solche variablen Einkünfte ganz klare Regeln und für beide Seiten messbare, nachvollziehbare Größen zu definieren. Wenn tatsächlich Ergebnisse wie Qualitätskriterien, Business- und Produktivitätsziele sowie Zeitvorgaben gefragt sind, dann sollte auch ergebnisorientiert bezahlt werden. Das kann auf der Ebene für den Einzelnen gestaltet werden oder zur Förderung der Gruppendynamik in Kombination im Team und auf Unternehmensebene. Stufe 2 kann sich aber auch auf Zuverlässigkeit etwa von Nachtwächtern oder Bereitschaftsdiensten beziehen oder auf soziale Komponenten mit Blick auf das Betriebsklima, beispielsweise die Verbreitung guter Laune in Schlüsselposition von Stimmungsmachern, wie am Empfang, im Sekretariat oder bei einer Hotline.
Stufe 3 – die Höchstleistung: Sie liegt dann vor, wenn jemand etwas vollbringt, das weit außerhalb der guten Leistung liegt. Allerdings ist damit sparsam umzugehen, denn ihre Honorierung soll etwas Besonderes bleiben. Eine Höchstleistung kann beispielsweise sein: eine geniale Idee, welche die Produktionsweise um ein Vielfaches verbessert oder einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil schafft. Oder ein herausragendes Engagement von jemandem außerhalb seines Aufgabengebiets, aus dem ein Millionenauftrag entsteht. Oder wenn eine Empfangsdame mit all ihrem Charme ein Gespräch mit einem verärgerten Kunden führt, diesen wieder besänftigt und begeistert, sodass die Kundenbeziehung gerettet oder gar ein neuer Auftrag platziert wird. Aber auch ein hohes, außergewöhnliches Engagement in einem Notfall, eine schier übermenschliche Leistung oder wenn einer Zivil-Courage beweist, fallen in diese Kategorie. Eine Höchstleistung sollte stets auch vor dem versammelten Mitarbeiterkollegium gewürdigt werden und sie sollte immer mit einem adäquaten Mehrfachangebot honoriert werden (Geld, Sachleistung, Zeit), aus dem der Mitarbeiter frei wählen darf.
Stärken entlohnen, nicht Schwächen
Und noch ein genereller Tipp: Es ist wichtig, insbesondere die Stärken von Mitarbeitern zu entlohnen und keinesfalls die Schwächen. Dazu gehört, stets ein offenes Feedback zu geben, wo eventuell Schwächen liegen, und klar machen: „Wenn Sie ihre Schwächen weiter mittragen wollen, ist das Ihre Sache. Sie sind ja sozusagen auch Ihr eigener Unternehmer in sich selbst. Wenn Sie sie korrigieren möchten – wunderbar! Dann werden wir Sie unterstützen und alles, was Sie zu Stärken verwandeln, dann auch gerne mitbezahlen“.
Damit haben Sie einen hilfreichen Ansatz zur Gestaltung eines modernen, menschengerechten Entlohnungsmodells in der Hand. Durch einen sich selbst entfaltenden Pull-Effekt fördern Sie den nachhaltigen Gesamterfolg und haben zudem ein Modell von kontinuierlichem Bestand.