Klimaschutz? Funktioniert leider nicht!
So sehr die Sorge über den Klimawandel verständlich und ernst zu nehmen ist, so ernüchternd sind die neuesten Fakten. Die Idee des Klimaschutzes sowie das EU-Klimapaket „Fit for 55“ bleiben eine Illusion. Was können wir wirklich tun?
Lange dachte auch ich, der Klimawandel lasse sich mit immenser Anstrengung stoppen. Inzwischen ist für mich klar: Es ist unmöglich. Wir sollten nun besser den harten Fakten ins Auge sehen und unsere Strategien zügig adaptieren.
Im Juli 2021 hat die EU-Kommission das lange angekündigte und zäh verhandelte Klimapaket „Fit for 55“ präsentiert. Ein höchst ambitioniertes Unterfangen – als könnte man den Crash der Titanic auf den zu spät ernst genommenen Kurs Richtung Eisberg knapp davor doch noch in letzter Minute verhindern. Dabei ist so ein Ozeanriese wie die Weltbevölkerung, mitsamt der über viele Jahrzehnte global verfehlten Klima- und Umweltpolitik, weit schwerfälliger als ein Supertanker.
Das Ziel der EU-Kommission bis 2030, also innerhalb von lediglich acht Jahren, mindestens 55 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 einzusparen, erscheint da als kindliche Idee. Da helfen auch die geplanten, gut gemeinten, einschneidenden Maßnahmen beim Wohnen, im Verkehr, der Produktion und in der Land- und Forstwirtschaft kaum.
Zugleich werden alle EU-Bürger vom Fahren bis zum Heizen erheblich zur Kasse gebeten. Schon werden Stimmen laut, dass zum Beispiel die Einbeziehung von Individualverkehr und Hausbrand in den Emissionshandel ein „riesiger politischer Fehler“ sei, sagt Pascal Canfin, Vorsitzender des Umweltausschusses des Europaparlaments und früherer WWF-Chef in Frankreich. Durch das faktische Verbot für Verbrennungsmotoren, indem die Fahrzeughersteller für den europäischen Markt die Emissionen ihrer Flotten ab 2035 auf null senken müssen, als wäre die Strom- und Batterieerzeugung für Elektroautos emissionsfrei möglich (siehe meinen diesbezüglichen Artikel „Automobilität – Wunsch und Wirklichkeit“), lässt nur noch den physikalischen Hausverstand erröten. Man belügt sich auch hierbei – erheblich.
Gemäß dem Eurobarometer Juli 2021 sehen 93 Prozent der Europäer/-innen den Klimawandel als das größte Problem für die Welt an. Sie sind dafür, den Ausstoß von Treibhausgasen durch ehrgeizige EU-Ziele rasch auf ein Minimum zu reduzieren und verbleibende Emissionen anderweitig auszugleichen. Ein hoher Anteil der Befragten – EU-weit 41 Prozent, in Deutschland sogar 56 Prozent – meinen, persönlich für die Bekämpfung des Klimawandels verantwortlich zu sein.
COVID-19, das winzige Virus, hat nicht nur eine beispiellose humanitäre Krise mit sich gebracht und sich gleichzeitig massiv auf die Weltwirtschaft ausgewirkt, sondern es stellte auch die Effektivität der scheinbar alternativlosen Klimaschutz-Strategien gegen den Klimawandel auf die Probe. Ich war gespannt: Wie würden sich die vielen, im Industriezeitalter bislang beispiellosen Mobilitätseinschränkungen, Lockdowns und das Zurückfahren des öffentlichen Lebens und ganzer Industriezweige auf den Energieverbrauch, die Emissionen und damit den Klimaschutz auswirken?
Erste Zahlen
Inzwischen gibt es erste Zahlen, Fakten und Analysen zum Covid-19-Energieschock. Gemäß Ifo-Institut war der stärkste Rückgang des internationalen Handels im zweiten Quartal 2020 mit mehr als 15 Prozent zu verzeichnen, im Jahresvergleich zu 2019 mit 7 Prozent. 2020 war mit einem Wertverlust von über 35 Prozent gegenüber 2019 eines der turbulentesten Jahre für die globale Energiewirtschaft in der modernen Geschichte.
Laut dem „Statistical Review of World Energy“ von BP vom Juli 2021 fiel der Primärenergieverbrauch im Krisenjahr 2020 um 4,5 Prozent – der stärkste Rückgang seit 1945. Dieser Rückgang betraf zu drei Vierteln das Öl und war der größte Rückgang im Ölverbrauch in der Geschichte. Wobei auch Gas und Kohle signifikante Rückgänge verzeichneten.
Interessanterweise wuchs der Sektor für erneuerbare Energien, also Wind-, Solar- und Wasserkraft. Bei der Windenergie verdoppelte zu aller Erstaunen China als Champion seine Kapazitäten.
Den größten Rückgang des Energieverbrauchs gab es in den USA, Indien und Russland, wobei der Energieverbrauch in China um 2,1 Prozent anstieg. Der CO2-Ausstoß erfuhr ebenso den größten Rückgang seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, er fiel um 2 Gigatonnen beziehungsweise 6,3 Prozent zurück auf das Niveau des Jahres 2011.
Der Verbrauch von Flugzeugtreibstoffen fiel 2020 um 40 Prozent, jener von Benzin um 13 Prozent und der von Diesel um rund 7 Prozent.
Alles in allem ein Schock für das Energiesystem, im Volumen „schlimmer“ als die Suez-Krise 1956, die Ölpreis-Krisen 1973 und 1979 und das nukleare Fukushima-Desaster 2011.
Der Stromverbrauch ging jedoch nur minimal um 0,9 Prozent zurück, wobei der Anteil bei der Erzeugung von Strom durch die Erneuerbaren von 10,3 auf 11,7 Prozent stieg und sich jener von Kohle um 1,3 auf 35,1 Prozent senkte. Zudem meint eine Studie der Carbon Tracker Initiative, dass die Stromproduktion mit fossilen Energieträgern 2018 den Höhepunkt überschritten hat. Künftig übersprängen möglicherweise viele Entwicklungsländer dank moderner Alternativtechnologien Kohle und Gas beim Ausbau ihrer Energieversorgung. 2019 verbrauchte – alles eingerechnet - ein durchschnittlicher US-Bürger pro Kopf nach Daten der OECD über 10 Megawattstunden Strom, die Europäer und Chinesen unter 6 Megawattstunden, Inder und Afrikaner hingegen nur etwa eine Megawattstunde. Bis 2040 sollen 88 Prozent des steigenden Strombedarfs in Schwellenländern anfallen – angeführt von China, gefolgt von Indien und Ländern wie Vietnam.
China mit seiner weltgrößten Bevölkerung und seinem rasch steigenden Energiehunger spielt als der globale Treibhausgas-Emittent Nummer 1 eine Schlüsselrolle für das Weltklima. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass fast 40 Prozent des steigenden Weltstrombedarfs bis 2040 in China anfallen und dafür noch bis mindestens 2025 vorrangig der Kohlestrom ausgebaut wird.
Dabei waren sich alle Experten und Analysten von BP (Giulia Chierchia, Vice President für Nachhaltigkeit) sowie der global verantwortliche Manager für nachhaltige Investments beim weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock (Paul Bodnar) als auch der höchstrangige Klimapolitiker Großbritanniens (Nigel Topping) bei der Präsentation der neuesten Zahlen einig: Die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015, den Temperaturanstieg von 1,5 auf 2 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Zeiten (1800) zu begrenzen, würden weit verfehlt. Zudem steigt der Hunger nach Energie weiterhin. Das würden zwar Zuwächse der Erneuerbaren zunehmend abfedern, aber ein großer Zweifel, ein ungelöstes Problem ist: Lassen sich denn sämtliche Energiehersteller, die mit ihren Kohlekraftwerken und Alttechnologien zu den größten Verschmutzern gehören, überhaupt je global vom Markt nehmen?
Update: Am 25. Oktober 2021 berichtete die WMO (World Meteorological Organization) in ihrem Bulletin 'The State of Greenhouse Gases in the Atmosphere Based on Global Observations through 2020': "Der Anteil der Treibhausgase in der Atmosphäre hat im vergangenen Jahr zugenommen, obwohl es durch die Coronavirus-Pandemie bedingt vorübergehend weniger Emissionen gegeben habe. Die Konjunkturabschwächung habe keine erkennbaren Auswirkungen auf das atmosphärische Niveau der Treibhausgase und ihre Wachstumsraten gehabt. So habe der Anteil der Treibhausgase 2020 einen neuen Höchststand erreicht, der Trend setze sich in diesem Jahr fort."
Das Virus hat Vorrang
Weil dann doch der Schutz der Menschen vor einem Virus plötzlich wichtiger war als anderes, haben Regierungen über den gesamten Globus unser aller Bewegungsfreiheit und damit das Berufs- und Geschäftsleben über einen Zeitraum von vielen Monaten, großteils über ein Jahr, dramatisch eingeschränkt. Wo möglich, stellten Unternehmen radikal auf Homeoffice um, Geschäfte, Restaurants, Hotels wurden rigoros geschlossen, der öffentliche Publikums- und Kundenverkehr auf ein Minimum beschränkt, Events verboten, Länder abgeschottet.
In der Folge waren die normalerweise überfüllten Straßen plötzlich massiv weniger befahren, zeitweise gar leer, Flugzeugflotten waren am Boden, die Reise- und Tourismusbranche stand still, globale Lieferketten kamen kräftig ins Stottern, die Konsumentennachfrage brach drastisch ein. Insgesamt waren die weltweiten Handelsströme grundlegend beeinträchtigt und weit verbreitete Konzepte wie die Just-in-Time-Produktion gerieten ins Wanken. Die Containerschifffahrt, die den globalen Handel revolutioniert hatte und die knapp 80 Prozent der EU-Exporte in Nicht-EU-Mitgliedsländer transportiert, wurde von einem doppelten Angebots- und Nachfrageschock getroffen. Das Schifffahrtssystem konnte sich nicht so schnell anpassen, ließ Container an den falschen Stellen zurück und trieb die Versandpreise in exorbitante Höhen. Die Blockade des Suez-Kanals durch die verkeilte „Ever Given“, eines der weltgrößten Containerschiffe, tat dabei ihr übriges und zeigte, wie verletzlich unsere Wirtschaftswelt durch selbst technisch kleinste Ereignisse ist. Viele Sektoren waren und sind folglich mit massiven Lieferengpässen und dadurch kräftigen Preissteigerungen konfrontiert.
Mittlerweile geht dem Gespenst der Covid-Pandemie in den reicheren Ländern die Luft aus, einzig dank der sagenhaften Leistung der Wissenschaftler durch eine schnelle Impfstoffentwicklung und -verfügbarkeit. In manchen Gegenden kehren robustere Varianten zurück. Global einigermaßen im Griff ist die Pandemie noch lange nicht, jedenfalls kaum vor 2024.
Bei all den Predigten über die alternativlosen Strategien zum Klimaschutz war zu erwarten, dass die Pandemie sich doch massiv positiv auf den Klimaschutz auswirken würde. Denn die Pandemie war eine nie dagewesene Bremse für so vieles. Allerdings mache man sich bewusst, dass die uns auferlegten, enormen Einschränkungen über so viele Monate bei vielen Menschen bereits die Grenze des Erträglichen erreichten, gar überschritten, ob persönlich oder wirtschaftlich. Noch mehr und längere Einschränkungen würden von der breiten Bevölkerung kaum mitgetragen. Dies zeigt uns nüchtern: Die meisten Menschen lassen sich freiwillig, aus gutem Willen etwa wegen des Klimaschutzes, kaum dauerhaft einschränken.
Wäre uns keine Pandemie dazwischengekommen, hätte das Klimathema natürlich weiterhin an oberster Stelle der globalen Agenda gestanden. Daher haben jetzt – insbesondere in reicheren Ländern und aufgrund der Katastrophe im Juli 2021 mit so vielen Todesopfern und Verwüstungen durch Unwetter in Belgien, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – viele das Gefühl, es müsse nun umso intensiver um den Klimaschutz gehen, noch mehr, noch schneller, am liebsten vorgestern. In unserer modernen Zeit meinen wir, den Schlüssel der Weisheit gegen den Klimawandel gefunden zu haben, den Klimaschutz, den Green Deal, das „Fit for 55“-Paket.
Was uns jedoch die Lernkurve über die Auswirkung des Energieschocks durch die Pandemie auf den Klimaschutz zeigt, ist – leider – ziemlich ernüchternd: Wir machen die Rechnung ohne den Wirt. Selbst die Schock-Notbremsung für die Weltwirtschaft, die Mobilität, den Konsum durch die Pandemie konnte den Klimawandel offenbar nicht im Geringsten beeindrucken. Fazit: All die zwangsweise herbeigeführten Effekte reichen bei weitem nicht aus. Der Klimaschutzgedanke kann mit seiner Strategie den Klimawandel weder zurückdrehen noch signifikant abbremsen.
Warum ist das so? Weil die Klimaschutzpolitik einigen Denkfehlern unterliegt:
Den Klimawandel gab es schon immer
Den Klimawandel gibt es schon seit Jahrmillionen, nicht erst jetzt. Schon bevor der Mensch die Welt bevölkerte, und auch als wir noch Jäger und Sammler waren. Geologisch-wissenschaftliche Publikationen bestätigen dies längst. Man kann es auch selbst „sehen“, wenn man sich in so manchem Gebirge, Canyon oder Landschaftsstrich genauer damit beschäftigt, ob es einst im Meer lebende und nun eingeschlossene Fossilien sind oder Markierungen oder Schichten im Gestein von früheren Ständen des Meeresspiegels oder der verschiedenen Eiszeiten.
Klimawandel ist ein Prinzip unseres Planeten Erde. Klimastabilität hat es nie gegeben. Der Klimawandel gehört zum Wesen unseres Planeten! Es gäbe ohne ihn wohl weder eine biologische Entwicklung noch das, was wir die Darwin‘sche Evolution nennen. Dieser Planet hat – wie alles Leben, alle Entwicklung, alles Geschehen – immer aus Veränderung bestanden.
Der Mensch kontrolliert die Welt?
Die Idee, der Mensch kontrolliere die Welt und gestalte sie frei nach seinen Wünschen, ist völlig absurd! Der Mensch hat manches im Griff, aber nicht so vieles und erst recht nicht alles. Schon gar nicht das gesamte Weltgeschehen. So machtvoll sind wir Menschen nicht. Hat doch gerade die Covid-Pandemie dieser selbstherrlichen Einstellung deutliche Schrammen verpasst.
Auch können wir kein Erdbeben, kein Gewitter, keinen Tsunami, keinen Orkan verhindern – das konnten wir nie und werden es nie können. Wir können nicht allen Ernstes meinen, wir könnten die Weltgesetze aus den Angeln heben, weil wir dort und da unser Verhalten etwas ändern, um den Klimawandel aufzuhalten. Wir können bestenfalls – großzügig geschätzt – vielleicht 10 bis 20 Prozent der Gesamtgegebenheit der Erde beeinflussen, aber kaum mehr. Der Großteil der komplexen Geschehen und Zusammenhänge auf unserem wunderschönen Planeten liegt immer noch in der Hand von Mutter Natur, der Erde und ihren physikalischen Gesetzen, den Gegebenheiten des Kosmos. Selbst die Wissenschaft ist noch weit davon entfernt, all die super-komplexen Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Auswirkungen fundiert zu kennen oder gar verlässlich zu berechnen und vorherzusagen.
Dass Menschen seit 100, vielleicht 120 Jahren einen Einfluss auf die Gestaltung des Klimas haben – seit den 4,6 Milliarden Jahren des Bestehens der Erde –, ist wahrscheinlich nicht ganz falsch. Aber der Anteil dessen, was der industrialisierte Mensch in dieser Zeit zur Klimaveränderung beigetragen hat, ist bei genauerer Analyse offenbar wohl kaum der zentrale Beweggrund für die Großwetterlage des Klimawandels.
Einzig hätten wir möglicherweise unseren Beitrag zur Beschleunigung des Klimawandels gegen Null fahren können, wenn wir in den Gegebenheiten des vorletzten Jahrhunderts verblieben wären, wenn wir die Elektrizität nicht entdeckt, die Dampfmaschine und den Verbrennungsmotor nicht erfunden hätten. Hätten wir die Industrialisierung nicht vorangetrieben, Öl und Erdgas in der Erde gelassen, Mobilität und Konsum kleingehalten, unseren Anspruch auf Geschwindigkeit und ungebremstes Wachstum nicht entwickelt, hätten wir vermutlich ein wenig für das Klima getan. Allerdings wäre uns dies nicht in dem Ausmaß gelungen, in dem es uns gelingen müsste, um auf die Schnelle wieder in gemäßigte Wetterverhältnisse zu gelangen.
Wir können also nicht allen Ernstes meinen, wir könnten die Weltgesetze aus den Angeln heben und den Klimawandel aufhalten, nur weil wir unser Verhalten ein wenig ändern.
Wer macht überhaupt mit?
Was wir jetzt tun oder tun möchten, trägt die große Mehrheit der gesamten Weltbevölkerung definitiv nicht mit. Vergessen wir zudem nicht, wir in Europa (die EU-28 Mitgliedsstaaten) hatten bereits 1960 nur 13,4 Prozent der Weltbevölkerung, und inzwischen (EU-27) repräsentieren wir, aufgrund des exorbitanten Bevölkerungswachstums auf anderen Kontinenten, nur noch rund 5,9 Prozent, also ein zwanzigstel. Die Klimaschutz-Idee der wenigen Vorreiterländer, von der wir annehmen, dass die Mehrheit in unserem eigenen Land begeistert sei und alles Nötige dafür tun oder unterlassen wird, wird in Wahrheit – auch wenn es auf dem Papier anders steht – nicht einmal in der gesamten EU wirklich willkommen geheißen und gelebt werden. Hier steht uns noch eine Zerreißprobe bevor, die meisten Lobbygruppen werden noch richtig heiß laufen.
Selbst wenn China, die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft, nun wie im Juli 2021 angekündigt, den Emissionshandel, deren ETS-Programm, für erste Bereiche startet und plant den Ausstoß von Schadstoffen derart zu reduzieren, dass 2060 nicht mehr CO2 ausgestoßen wird als durch Pflanzen abgebaut werden kann, so ist enttäuschenderweise festzustellen: Die Welt besteht eben diesbezüglich nicht zu 90 Prozent aus vorbildhaftem Denken und Verhalten, sondern das ist eher eine Minderheit. Die Freunde und Verbündeten, die wir mit dieser unserer Sichtweise haben, sind wenige. Es sind möglicherweise 20 Prozent, ganz optimistisch geschätzt vielleicht 30 Prozent der Weltbevölkerung, aber dann hört es auch schon auf.
Das heißt: Selbst wenn wir eine Patenschaft für andere übernehmen, eine radikale Totalbremsung hinlegen würden, dann bedeutet das noch immer nicht, dass wir das, was wir im Moment als Klimawandel-Folgen beobachten, einbremsen oder relevante Ergebnisse erreichen könnten. Es wird uns nicht gelingen, mächtiger zu sein als das Klima selbst.
Der Mensch ist an allem schuld?
Was wir jetzt erleben, ist nicht über Nacht vom Himmel gefallen, weil die Menschheit in 50 Jahren etwas kaputt gemacht hätte, was in Jahrtausenden und Jahrmillionen ohne den modernen Menschen und seinen Einfluss so wunderbar funktioniert hat. Und doch soll dieser industrialisierte Mensch nun der Böse sein. Denn gäbe es ihn nicht, wäre alles in Ordnung mit Klima, Natur, Flora und Fauna, Wasser und Luft. Und blöderweise gibt es noch dazu so viele, viel zu viele von uns?
Im Prinzip steckt hinter der Klimaschutzidee der Vorwurf an jeden Menschen, dass er existiert. Das gibt zwar politisch niemand zu, aber unterschwellig bleibt der Vorwurf an die Menschen: Verhalten wir uns weiter wie bisher, dann sind wir, die modernen Menschen, der Mühlstein am Hals dieses Planeten. Bleibt von der Erde nichts Lebensfähiges übrig, sind daran nur wir Menschen schuld.
Aber wie man jetzt anhand der Fakten sieht, ist der Klimawandel ganz offenbar nicht federführend menschengemacht. Da überschätzen wir uns gewaltig. Das Klima ist ein Weltgeschehen, das seinen eigenen Gesetzen folgt; das Klima unterstellt sich nicht unserer Kontrolle. Klimaschutz ist ein toller, populärer und sehr viel Geld bewegender Gedanke geworden. Für die Erfinder und Begründer dieser Bewegung hat sich das ausgezahlt, sie versetzen Geldberge. Und das weltweit, nicht zu knapp, und übrigens meist nicht unbedingt zugunsten des Klimas. Der Klimaschutz ist für bestimmte Leute eine wunderbare Idee, eine Gelddruckmaschine und ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor.
Und indem der Mensch der Haupttreiber des Klimawandels sein soll, lässt sich Menschen gut ein schlechtes Gewissen machen: Dann kann man über Angst regieren und Maßnahmen treffen, die sonst kein vernünftiger Mensch mit gesundem Menschenverstand akzeptieren würde.
Nur sind wir eben nicht die Hauptschuldigen des Klimawandels. Unser Anteil daran ist nicht Null, dennoch gering. Zudem sind wir und unsere Macht anders geschaffen: Wir sind gemacht, um zu denken, zu forschen, zu entdecken, zu entwickeln, unsere Freiheiten natürlich auch leben zu wollen, unsere Ansprüche auszuweiten und auszuleben. Das ist menschlich, wir wollen mit unserer Menschenwürde schlicht und einfach sein, wer wir sind. Es ist nicht sinnvoll, dass wir uns von Schuldvorwürfen niederdrücken und massiv einschränken lassen, gar wieder in Höhlen leben oder ins Mittelalter zurückfallen.
Der Klimawandel wird stattfinden – egal was wir unterlassen
Unbestritten befindet sich sehr wohl vieles in Schieflage, das in der Hand und Verantwortung von uns Menschen liegt. Eine erhebliche Anzahl an Menschen verhält sich zu rücksichtslos, zu gierig gegenüber dem Menschen, der Natur, dem Planeten und seinen Ressourcen, der Flora und Fauna. Dies bedarf einer dringenden Korrektur.
Allerdings suggeriert man mit der Angstmache und dem schlechten Gewissen den falschen Glauben, irgendwelche Maßnahmen könnten den Klimawandel aufhalten oder gar rückgängig machen. „Ich bin ja auch zumindest ein wenig mit schuld, mit verantwortlich, schon alleine dadurch, dass ich lebe, ich einen ökologischen Fußabdruck hinterlasse, Sauerstoff verbrauche, CO2 ausatme“, lautet das Narrativ dieses irrationalen schlechten Gewissens. Als würde es etwas ändern, wenn ein paar Millionen von einigen Milliarden Menschen keinen Strom mehr verbrauchten, nicht mehr Auto führen oder kein Fleisch mehr äßen.
Und genau das zeigen die Lehren aus der Covid-Pandemie: Wir können unser Verhalten sicherlich ändern und unsere Ansprüche und Gewohnheiten zurückfahren – nur das Klima spürt davon offenbar kaum etwas. Der Klimawandel, und das wollen viele nicht so gerne hören, wird stattfinden. Es ist besser, wir sehen dieser ernüchternden Wahrheit ins Auge und richten uns danach aus, vor allem, um uns zu schützen. Denn der Klimawandel hat immer stattgefunden. Dem Klima ist es unter dem Strich ziemlich gleich, was wir tun.
Das heißt nicht, dass wir alle des Todes sind und dass das riesengroße Endzeitszenario kommt. Es heißt aber, dass das Leben für Menschen an einigen Orten auf der Erde sehr hart, möglicherweise auch zu hart werden wird. Dass Ressourcen knapper werden und dass es damit möglicherweise infolge keinen weiterhin rasanten Anstieg der Weltbevölkerung gibt, sondern eher einen moderateren oder gar einen rückläufigen. Die Bedingungen werden sich vielerorts so verschärfen, dass es kaum noch möglich sein wird, dort zu leben – mit vielerlei Konsequenzen, inklusive Hitzewellen, mehr Kreislauferkrankungen und Hitzetode, Wassermangel, Dürren, Starkregen, Umsiedlungen, Migrationen, mehr Hungersnöte, ja selbst Veränderung der Attraktivität von Tourismusdestinationen mit Verlierern und Gewinnern.
Natürlich ist dies trotzdem kein Freibrief dafür, sich um den Klimawandel nicht zu sorgen und weiterhin rücksichtslos mit der Umwelt umzugehen. Alles, was wir säen, kommt zu uns zurück, wie die global größte Müllplage des Mikroplastik zeigt. Nur sollten wir zugleich keinen sinnfreien Maßnahmen hinterherlaufen, um den Klimawandel vermeintlich aufzuhalten.
Endloses Wachstum ist widernatürlich
Die wirklich zentrale Frage, die wir uns hingegen alle stellen müssen, ist: Was brauchen wir wirklich? Unser jetziges Wirtschaftssystem ist auf grenzenlosen Fortschritt ausgerichtet, auf permanentes Wachstum – das ist das Heilsversprechen. Es hat viel mit dem Keynesianismus und seinen Irrtümern zu tun. Wachstum ist eines unserer industrialisierten Zauberwörter geworden, allerdings mit einem Heiligenschein um sich herum. Denn es suggeriert, dass Wachstum unbestritten nötig sei, etwas Gutes und das ultimative Heil für den dauerhaft paradiesischen Wohlstand aller auf Erden.
Was ist das überhaupt für ein ethisches Verständnis? Immer mehr und noch mehr – von allem. Immer Wachstum, mehr Absatz, mehr Nachfrage, mehr Produktion, mehr Vertrieb, mehr Geld im Umlauf, mehr Konsumverhalten. Es geht nur um die Grundidee: mehr ist mehr – Wachstum, Wachstum, Wachstum! Dabei sind längst andere Dinge wichtig – Nachhaltigkeit, die Sicherung des Planeten als Lebensgrundlage für Mensch und Natur, daher wieder mehr mit anstatt gegen die Natur leben. Ein Mehr an Industrie, Handel und Dienstleistung bedient freudig einen immer noch gierigeren Markt – das verstehen zum Glück immer mehr Menschen. Zugleich macht Wachstum auch nicht unbedingt reicher oder erzeugt einen echten Mehrwert.
Ewiges Wachstum ist ein Hirngespinst – es sei denn, es gäbe Formen des Wachstums, die nicht durch Wettbewerb oder Ressourcenmangel eingeschränkt würden. Aber wir laufen dieser Illusion dennoch hinterher. Es gibt kein Wachstum ohne Grenzen. Es gibt auch keinen Fortschritt ohne Grenzen.
Was es gibt, ist eine dauerhaft funktionierende Natur. Das Universum hat einerseits einen Drang, organisch zu wachsen, kennt aber andererseits seine Begrenzung. Denken wir nur an unseren Körper, an unsere Organe. Diese wachsen und gedeihen anfangs, aber wenn der Wuchs nicht aufhört, ginge man zum Arzt, würde man eine Krankheit diagnostizieren und versuchen, dem Wachstum Einhalt zu gebieten. Die inneren Organe wissen auf wundersame Weise, wann sie groß genug sind, um ein gesundes Zusammenspiel zu gewährleisten. Alles, was einst wuchs, hört irgendwann auf zu wachsen, es sei denn, es ist Krebs. Grenzenlosigkeit ist überhaupt kein Konzept, nirgends – nichts wächst unendlich in den Himmel.
Auch die meisten Unternehmen würden es seltsam finden, nicht nach Wachstum zu streben. Aber für immer? Oder kann ein Unternehmen irgendwann ausgewachsen und erwachsen sein, und einfach nur liefern oder leisten, was Kunden brauchen?
Das BIP – der irrige Wohlstandsindex
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die offiziell akzeptierte Messgröße für das Wirtschaftswachstum, ist in dieser Hinsicht ein gefährlich fehlerhafter Indikator. Es ist eben nicht das Maß aller Dinge oder der Wohlstandsindex schlechthin. Das BIP ignoriert zum Beispiel alle Aktivitäten, bei denen kein Geld den Besitzer wechselt, manches misst es sogar doppelt. Es geht nicht darauf ein, dass eine gesteigerte Produktivität die Preise der Dinge und damit das BIP senkt, während dadurch jedoch meist der Nutzen steigt.
Angesichts dieser und zahlreicher anderer Fehler in der Messung ist es auch ein Irrweg zu versuchen, Wachstumsraten zwischen verschiedenen Ländern und Währungen zu vergleichen. In Wahrheit wissen wir nicht, wie gut unsere Wirtschaft oder unsere Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt wirklich ist und wächst, nicht einmal in wirtschaftlicher Hinsicht, geschweige denn in Bezug auf das menschliche Wohlbefinden. Wie Robert Kennedy schon 1968 feststellte: „Das Bruttosozialprodukt misst nicht die Gesundheit unserer Kinder, die Qualität ihrer Bildung oder die Freude an ihrem Spiel. Ebenso wenig die Schönheit unserer Poesie oder die Stärke unserer Ehen, die Intelligenz unserer öffentlichen Debatte oder die Integrität unserer Beamten. Es misst weder unseren Witz noch unseren Mut, weder unsere Weisheit noch unsere Gelehrsamkeit, weder unser Mitgefühl noch unsere Hingabe an unser Land: Es misst kurz gesagt alles, außer dem, was das Leben lebenswert macht."
Weitsichtige Ökonomen starteten deswegen schon mehrfach Initiativen, um Wirtschaft, Soziales, Gesundheit und Zufriedenheit sowie die Umwelt mit einem neuen Indexsystem zu versöhnen. So zum Beispiel die 2007 von der EU-Kommission, dem EU-Parlament, dem Club of Rome, der OECD und dem WWF unterstützte „Beyond-GDP“-Initiative.
Nicht umsonst haben die Vereinten Nationen 2015 in der Agenda 2030 die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) definiert. Sie umfassen u. a. Umwelt, Management natürlicher Ressourcen, Klimawandel, Energie, Wasser, Bildung, Gesundheit, Armutsbekämpfung, Frieden, Beschäftigung sowie die nachhaltige Nutzung der Meere.
Unser Credo für nachhaltiges Handeln müsste daher lauten: „Nicht ständig mehr und grenzenlos größer, sondern vor allem besser werden!“ Wir sollten die nachhaltige Qualität vor die Quantität stellen – in allem. Ebenso könnte ein neuer Schwerpunkt in der Wirtschaft und für Regierungen sein, besser zu werden, ohne zwangsläufig größer zu werden und uferlos zu wachsen – indem man beispielsweise viel innovativer und effektiver darauf hinarbeitet, zusammenzuarbeiten. Wer der Qualität grenzenloses Wachstum vorzieht, müsste sich mit einer weiteren Frage auseinandersetzen: Gibt es denn jemals so etwas wie „genug“? Einst wurde John D. Rockefeller (1839–1937), der 1 Prozent des Reichtums und 90 Prozent der Öl- und Gasindustrie der USA besaß, gefragt: „Wie viel Geld ist genug Geld?“ Rockefeller soll geantwortet haben: „Nur noch ein wenig mehr!“
Wachstum entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein simples und verwirrendes Ziel, das generell mit Vorsicht und Umsicht verfolgt werden sollte. Eine Gesellschaft, die glaubt, dass „mehr“ immer „besser“ ist, wird eine neidische und unzufriedene Gesellschaft sein, die irgendwann den Krieg sucht, wie die Geschichte lehrt.
Selbst ein Unternehmen kann nicht für immer exponentiell wachsen. Es wird irgendwann einfach zu groß, um erfolgreich geführt zu werden, es wird für den Markt unerträglich, es kollabiert oder löst sich auf oder wird aufgelöst, zerschlagen oder reorganisiert oder richtet sich grundlegend neu aus. Es ist befriedigender und sogar oft auch profitabler, in Bezug auf Qualität und Kompetenz zu wachsen, statt ständig nur größer zu werden.
Der eigentliche „Green Deal“: Nun gilt es vorrangig, uns zu schützen
Der Kampf gegen den Klimawandel ist nicht zu gewinnen. Im Zuge der globalen Erwärmung entstehen auf der Erde immer mehr Zonen, in denen Menschen ohne technische Hilfsmittel nicht überleben können. Was nicht heißt, alle diesbezüglichen Ambitionen über Bord zu werfen, gar nicht mehr zu verfolgen oder gar abrupt zu beenden.
Aber wir sollten es anders angehen, unsere Strategien mit diesbezüglich neuer Vernunft und weniger Panik nachbessern. Camilo Mora, Klimaforscher an der Universität von Hawaii, und sein Team fanden schon durch eine Studie (Nature Climate Change) 2017 heraus, dass etwa 30 Prozent der Weltbevölkerung an mindestens 20 Tagen im Jahr einer tödlichen Kombination aus Hitze und Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Dieser Prozentsatz werde aber bis zum Jahr 2100 auf fast 50 Prozent ansteigen – selbst bei einer drastischen Verringerung der Treibhausgasemissionen.
Natürlich sollten wir trotzdem das wachsende ökologische und klimaneutrale Konsumverhalten weiterverfolgen, allerdings auch dem weitverbreiteten „Greenwashing“ rücksichtsloser Geschäftemacher, das leere Versprechen bis zu gezielter Täuschung umfasst, Einhalt gebieten. Denn im Rahmen der Green Claims Initiative untersuchte die EU-Kommission Unternehmenswebsites auf das Ausmaß des Greenwashings in Europa und fand bei fast der Hälfte, dass die „grünen“ Behauptungen auf den Webseiten zu den Produkten und Dienstleistungen übertrieben, falsch oder gar irreführend sind.
Der zentrale Punkt jedoch, der jetzt ganz weit oben auf der Liste stehen muss, ist, sich nun darauf zu konzentrieren, was wir jetzt tatsächlich tun können und auch angehen müssen, nämlich, vorrangig uns selbst und unser Umfeld vor dem Klimawandel zu schützen. Schützen im Sinne von: wie baue ich, wo baue ich, wie lebe ich, wohin wirklich reise ich oder auch, wie organisiere ich meinen Alltag, mein Umfeld, worauf lege ich Wert und, und – das ist der springende Punkt – welches gemäßigte und respektvolle Verhältnis pflege ich zur Umwelt und Natur, zum nachhaltigen Miteinander?
Der ökologische Imperativ
Angelehnt an Immanuel Kants (1724–1804) kategorischen Imperativ – „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die Du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“ – sollten wir uns mit einem ökologischen Imperativ vernünftigerweise auf das für den Menschen Machbare und Stimmige konzentrieren und dabei Menschen- und Naturschutz in den Mittelpunkt rücken. Denn gerade das ständige, aggressive Streben nach Wachstum, nach grenzenlosem Mehr, verführt zu viele Menschen dazu, sich rücksichtslos zu verhalten, zur Machtbesessenheit, zu Manipulation und Korruption, zu Gier, zu über Leichen zu gehen, zu radikalem und respektlosem Umgang miteinander, aber auch gegenüber Natur und Mutter Erde.
Wir könnten einen hilfreichen Weg finden, um einen machbaren, nachhaltig positiven Beitrag zu leisten. Aber der hat nicht viel mit Klimaschutz, sondern vielmehr mit einer anderen Art der Erfüllung menschlicher Urgegebenheiten zu tun. Dazu sollten wir uns unsere inneren Werte ansehen und das, was uns Menschen wirklich dient.
Allerdings führt dies zwangsläufig zu einer gänzlichen Hinterfragung unseres heutigen Wirtschaftsmodells. Diese heiße Kartoffel wollen jedoch gerade die meisten führenden Politiker und Leader der Wirtschaft nicht angreifen: Sie hoffen, dass dieser Kelch an ihnen vorüber geht. Aber das wird er nicht.
Wie zumindest auch die meisten lebenserfahrenen Menschen in reichen Ländern wissen, bringt der Konsum, und sei er noch so luxuriös, doch keine fortwährende Befriedigung. Das Gekaufte steht bald wieder irgendwo herum, ist nicht mehr im Trend, ist überflüssig, wird weggeworfen oder macht sogar Ärger. Wir sind zu einer wahnwitzigen Wegwerfgesellschaft geworden, ohne Respekt für die endlichen Ressourcen. Reduzieren wir doch das, was wir wirklich haben wollen, auf das, was uns tatsächlich eine tägliche, anhaltende Freude ist! Suchen wir uns alternative Wege, um an das Wohlbefinden, das Wohlgefühl, die Befriedigung und Anerkennung zu gelangen, welche wir uns bislang – zum Schein, unter all dem Leistungsdruck und der Hektik – so häufig per Konsum, oft überteuert, mit sachlichem, technologischen oder modischem Ablaufdatum, holen.
Ein derartiger Beitrag zum Klimaschutz wird einer wesentlichen Erkenntnis gerecht: Innere Fülle ist wichtiger als äußere, innere Freiheit ist wichtiger als äußere, innere Freiheit, Größe, Macht, Bedeutung und Wert sind wichtiger als die äußeren Zeichen, also die gekauften Insignien für Macht, Bedeutung und Wert.
Der Tag der Überlastung der Erde
Die Natur kennt den Begriff „Müll“ nicht, sie macht aus allem etwas. Warum machen wir es nicht wie sie? Daher wäre eine der wichtigsten hilfreichen Maßnahmen, unser Denken und Handeln insbesondere auf Wiederverwendungskreisläufe zu fokussieren. Erheben wir sie doch zum Standard, dies zur generellen Schonung des Ressourcenverbrauchs, zur Verringerung unseres ökologischen Fußabdrucks. Gleichzeitig bleiben wir jedoch Menschen in unseren Gegebenheiten. Wir können schlicht und einfach nicht in die Steinzeit zurück – und selbst wenn es ginge, würde es den Klimawandel nicht aufhalten. Aber es würde uns vorbereiten, auf eine angemessenere Form des Umgangs miteinander und mit den Ressourcen, der Natur, unserem wunderschönen Planeten.
Die Krux ist sowieso: Die Umwelt schonen zu wollen und gleichzeitig auf grenzenloses Wachstum zu setzen, schließt sich schlicht und einfach aus, das funktioniert nicht. Es ist ein weit verbreiteter, grundlegender Denkfehler.
Der „Earth Overshoot Day“ (Erdüberlastungstag), also jener Tag eines laufenden Jahres, an dem die menschliche Nachfrage, unser jährlicher Bedarf bzw. Konsumhunger auf Ressourcen, die natürlich nachwachsenden Ressourcen die das Ökosystem im ganzen Jahr regenerieren kann, in der Natur überstiegen, findet immer früher im Kalenderjahr statt. Der Anstieg ist global gesehen dramatisch, allerdings sogar noch schlimmer, wenn man manch reiche Länder isoliert betrachtet. Ist dieser Stichtag inzwischen global im Jahr 2021 der 27. Juli, also trotz Pandemie drei Wochen früher als 2020 (22.8.2020), so lag er 2000 noch am 23.9. und 1970 am 29.12. und trat die ganzen Jahre davor gar nie ein. In Luxemburg und Katar ist er jedoch schon am 11. Februar, in den USA am 14. März erreicht. Würden alle Erdbewohner wie in der EU leben, wären die weltweit jährlich nachwachsenden natürlichen Ressourcen bereits am 10. Mai verbraucht.
Wenn jeder Einzelne seinen Beitrag leistet, seine Macht in die Hand nimmt, nicht etwa, um aussichtslosen Welt-Klimaschutz zu betreiben, sondern, um direkt vor seiner Haustür nachhaltig zu leben, dann wäre schon sehr viel erreicht. So könnten wir im besten Sinne des Wortes Naturschutz betreiben, Ressourcen verantwortungsvoll und schonend verwenden, umweltbelastende Förder- und Steuerpolitik unterlassen und Artenschutz ernst nehmen gemäß Albert Einsteins Warnung: „Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen.“ Wir könnten möglichst keine störenden Abfälle durch konsequente Wiederverwendungskreisläufen hinterlassen, Umweltschäden vermeiden und vorher prüfen, was ökologisch unbedenklich ist und was nicht – siehe zum Beispiel die Themen „E-Autos“ oder „gefährliche Nanomaterialen“. Zudem könnten wir gezielt Aufforstung betreiben, denn wie Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) berechneten, könnte dies die Regenmengen im Sommer zumindest etwas erhöhen. Eine Studie von 2019 kam zu dem Schluss, dass man zwei Drittel aller von Menschen verursachten Emissionen binden könnte, wenn man weltweit eine Milliarde Hektar Wald pflanzt. Immerhin sieht das EU-Klimapaket „Fit for 55“ in seiner Waldstrategie das Pflanzen von drei Milliarden Bäumen vor.
Global angehen sollten wir die Reinhaltung sowie den Umgang mit unserem wichtigsten Lebenselement, dem Wasser und unsere überall deponierten Müllmassen inklusive dem Mikroplastik.
Auch ist unser Wasser ist nicht zum Kühlen hochradioaktiv verstrahlter Ruinen unseres Hochmutes da. Der Mensch sollte der Natur und den hunderten nachfolgenden Generationen nicht das weiterhin völlig ungelöste Problem von hochradioaktivem Atommüll hinterlassen, der noch mehr als 10.000 Jahre strahlt und eine teure und hochrisikobehaftete Altlast darstellt.
Tier- und Artenschutz
Und kümmern wir uns tatsächlich um den Tier-, Arten- und Pflanzenschutz! Das können wir, das beginnt vor jedermanns Haustüre. Setzen wir uns dafür ein, sinnloses Leid und Vergeuden von tierischen und pflanzlichen Ressourcen zu beenden oder zumindest zurückzufahren. Begreifen wir, dass alle Geschöpfe – auch Tiere und Pflanzen – eine Würde haben, Lebewesen und keine Dinge sind! Wer verantwortungsvoller Bauer ist oder ein Herz für Tiere und die Natur hat, weiß das, wie es die Naturvölker aber auch schon unsere Vorfahren wussten und respektierten.
Natürlich kann ein Einzelner nicht die Welt verändern und auch nicht das Wirtschaftssystem. Wir können auch nicht alles auf den Kopf stellen, man kann nicht völlig gegen den Strom schwimmen, das wird nicht funktionieren. Aber wenigstens in den kleinen Dingen können wir alle viel tun. So vor allem auch bei Maß und Mitte zu bleiben. Tun das viele, wird dies eine enorme Wirkung zeigen.