Automobilität - Wunsch und Wirklichkeit Test
Der Diesel ist tot! Es lebe das E-Auto?
Die Euphorie verdient eine nähere Betrachtung – und wer offen ist für Fakten, sieht das Thema möglicherweise skeptisch.
Elon Musk, Gründer des innovativen E-Autoherstellers Tesla Inc., hat zweifellos die Automobilindustrie und deren Markt auf den Kopf gestellt. Zu lange haben die Platzhirschen der Autoindustrie zukunftsfähige, nachhaltige Antriebstechnologien verschlafen. Die Debatte über Antriebsarten, ausgelöst durch den betrügerischen Diesel-Skandal bestimmter Hersteller, ist leider arm an Fakten. Die Debatte läuft eher emotional und interessengesteuert – und wegen der problematischen Luftqualität in vielen Städten auch unter Zeitdruck. Weitere Hektik bewirkt die Entscheidung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts, dass Diesel-Fahrverbote in Städten zulässig seien. Ein Urteil, das sich kaum nur alleine auf Deutschland auswirken dürfte.
Also fahren wir eben E-Auto, heißt es sofort. Die E-Mobilität kommt als wundersame Zukunftslösung daher, auf die die europäische Automobilindustrie nun vorwiegend setzt – was kein Wunder ist angesichts der Getriebenheit durch Politik und Medien. Doch das strombetriebene Auto ist nicht nur unter Nachhaltigkeitsaspekten zu kurz gedacht. Zahlreiche weitere Schwierigkeiten stehen kaum im Licht der Diskussion, obwohl sie außerordentlich wichtig sind.
Sicher, wir müssen die Herausforderung des Klimawandels und des Umweltschutzes so schnell wie möglich angehen. Ein globaler Ansatz ist notwendig. Wir geben sinnlos Milliarden aus, um bestimmte lokale, aber global minimale Effekte zu erzielen. Daher sollten wir klüger und mit vernünftigen Prioritäten handeln, um sicherzustellen, dass wir dabei unsere ausgezeichneten und soliden wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Lebensbedingungen in Europa nicht zerstören. Laut BP's Energy Outlook 2020 verbraucht der gesamte Verkehrssektor 21 % der globalen Energie, während der Industriesektor 45 % und der Wohn- und Geschäftsgebäudesektor 29 % verbraucht. Dabei entfallen vom Endenergiebedarf im Verkehrssektor ca. 42 % auf Lkws, 35 % auf Personenkraftwagen, 8 % auf den Schiffsverkehr, 2 % auf den Schienenverkehr und 13 % auf den Luftverkehr.
Wir sollten auch bedenken, dass etwa 3 Milliarden Menschen immer noch an einem offenen Feuer in ihren Häusern heizen und kochen. Solarbetriebene kostengünstige Heiz- oder Kochgeräte könnten die Lebensbedingungen für solche Menschen dramatisch verbessern, aber sie können sie sich nicht leisten.
Der erste Hybrid ist von 1912
Wussten Sie eigentlich, dass das erste auch elektrisch betriebene Auto schon 1902 serienreif war?
Der Lohner-Porsche „Semper Vivus“ war der erste Hybrid der Welt – mit 2,7 PS und 35 km/h Spitze. E-Autos gab es bereits früher. 40 Prozent der US-Autos fuhren damals mit Strom. Grund war auch das lästige Kurbeln zum Anlassen von Verbrennungsmotoren, dabei gab es bei einem Rückschlag öfter arge Verletzungen. Im Jahr 1911 sprang dann aber erstmals ein Cadillac mit elektrischem Anlasser an, so begann der Siegeszug des Verbrennungsmotors. Benzin gab es damals übrigens auch noch in der Apotheke.
Die Elektromobilität näherte sich also nicht erst durch Tesla-Gründer Elon Musk der Machbarkeit, auch wenn es ihm zuzuschreiben ist, als Disrupter den gesamten Automarkt ins Schleudern zu bringen. Und so cool Teslas Autos auch sein mögen: Tesla schreibt noch Quartal für Quartal gigantische Verluste. Auch per Hochglanzmarketing angekündigte Investitionen werden darüber kaum hinwegtäuschen. Er muss erst noch den Beweis antreten, damit auch dauerhaft Geld erwirtschaften zu können. So einfach, wie es scheint, ist es offenbar nicht.
Die global tonangebende europäische Autoindustrie hätte viel Zeit gehabt mit Vollgas ökologische und nachhaltige Technologien zu entwickeln. Aber sie hat es nicht getan. Man hat sich lieber auf die Interessen der Aktionäre, oft Öl-Produzenten, und auf Profite und den Shareholder-Value konzentriert. Damit hat man sich, uns und dem Klima einen schlechten Dienst erwiesen – denn jetzt fehlen die Lösungen, die wir brauchen und die möglicherweise längst da sein könnten. Und so werden wir noch Jahrzehnte mit Übergangs- und Kompromisslösungen leben müssen. Lassen Sie uns aber überlegen, wie es um die Entwicklung der Antriebstechnologien in der näheren Zukunft bei sachlicher Betrachtung steht.
Stickoxide und Feinstaub – ein relatives Problem
Als Problem-Emissionen stechen immer wieder heraus: Kohlendioxid, Stickoxide und Feinstaub. Eine Einordnung tut hier gut: Nicht nur die Verbrennungsmotoren unserer Autos pusten diese Stoffe in die Luft. Auch Hausbrände, Industrie, Luft- und Schifffahrt tragen massiv zu dieser Umweltverschmutzung bei.
Zumal die Emissionsverursacher im Straßenverkehr auch noch Reifen und Bremsen mit ihrem Abrieb sind – in den Städten ganz besonders. Diesen Feinstaub haben wir also auch bei E-Mobilen.
Dann stellen Sie nur einmal den alten Mini-Cooper – erstmals gebaut 1959 – und den heutigen MINI von der BMW Group nebeneinander, und Sie haben den nächsten Emissionsverursacher: unser Bedarf an immer größeren und schwereren Autos, was in Städten und Parkhäusern immer hinderlicher wird (ruhender Verkehr, Platzverschwendung - „space pollution“). Selbstverständlich brauchen Motoren Power – aber je mehr Sprit ein Motor frisst, desto höher sind die Emissionen. Zumal der Verbraucher ohnehin immer mehr nach stärkeren Motoren nachfragt, ohne zu bedenken, wie sich Hubraum und Leistung auf die Emissionen auswirken. Und es ist dies ein völliger Widerspruch, dass die Motorleistungen immer größer und die erreichbaren Geschwindigkeiten im Tagesgeschehen durch die zunehmende Verkehrsdichte und Geschwindigkeitsbeschränkungen immer kleiner werden, wir somit eigentlich doch immer weniger Leistung bräuchten.
Der Diesel wird erhalten bleiben – dank Wirkungsgrad
Wie aber ist der Diesel nun zu bewerten? Zunächst: Generell bleibt uns der Dieselmotor erhalten. Wegen des hohen Wirkungsgrades beim Diesel werden Lastkraftwagen und Bagger künftig kaum mit Sonnenenergie oder Strom fahren. Auch moderne Diesel-Technologien, welche die neuesten Euro-6-d-TEMP bzw. Euro-7-Norm-Vorgaben erfüllen, sind an sich wieder salonfähig. Erst recht deren künftige Weiterentwicklungen, denn der Dieselmotor mitsamt seiner Abgasreinigung wird kontinuierlich optimiert und verbessert. Die Euro 7-Emissionsnorm wird im Gegensatz zu dem, was von der deutschen Industrie und Politik vorgeschlagen wird, nicht zum Aus von Benzin- und Dieselfahrzeugen führen. Ein diesbezüglich endgültiger Entwurf der Europäischen Kommission soll im November 2021 angenommen werden. Die "Euro 7 Norm" ist eine machbare, die Motoren etwas verteuerende Anstrengung die allerdings wahrscheinlich erst 2027 obligatorisch sein wird. Insofern bleibt der Diesel gerade bei größeren PKWs mit hoher Wahrscheinlichkeit im Dienst. Auch der Verbrauch ist schließlich um 15 Prozent geringer als beim Benziner, was dem globalen Klima zugutekommt.
Und noch ein Punkt kommt hinzu: Dieselmotoren können inzwischen die Stickoxid-Grenzwerte von Benzinern erreichen – das kostet, ist aber möglich. Außerdem produzieren die hochgerüsteten Direkteinspritzer-Ottomotoren deutlich mehr Ultrafeinstaub als Dieselmotoren. Schließlich bedeuten mehr Benziner auf der Straße anstelle von Dieselmotoren zwangsläufig auch höhere Kohlenmonoxid-Emissionen.
Natürlich brauchen wir Alternativen, nicht nur alleine schon aus Gründen der Umwelt, sondern auch zur Diversifizierung unserer Transportenergiesicherheit, um einer alleinigen Ölabhängigkeit zu entkommen. Der modernste Diesel an sich ist also nicht zu verteufeln. Das alles soll kein Lobgesang auf den Diesel sein, denn insgesamt steht der Benziner noch immer besser da bei den Emissionen. Wenngleich ein ernstes Problem unbestritten ältere Dieselmotoren sind (Euro 4 und früher). Nachrüstungen, selbst für Euro 5, also bei bereits bestehendem Partikelfilter, sind aus mehreren Gründen skeptisch zu sehen und wohl erst ab Euro 6 zielführend.
Wie auch immer: Hersteller wie Fiat und Toyota haben den Abschied aus der Diesel-Produktion bereits verkündet, Volvo den Vollumstieg auf Elektro ab 2019.
Vor allem konzentriert sich die Industrie nun aber aufs E-Auto.
Doch da gibt es feine, aber wichtige Unterschiede zu verstehen. Über welches E-Auto beispielsweise sprechen wir? Über ein rein Akku-basiertes und daher nur an der Steckdose aufladbares „Battery-Only Electric Vehicle“ (BOEV) oder über ein „Plug-in Hybrid Auto“ (PHEV), das neben einem Verbrennungsmotor auch noch einen Akku-basierten Elektroantrieb hat, ebenso aufzuladen über die Steckdose? Oder sprechen wir über Hybrid-Fahrzeuge, die ihren Akku auch oder nur über den Verbrennungsmotor aufladen? Über Autos, die Energie teilweise über die Bremsen rückgewinnen (Rekuperation)?
Die Nachteile des E-Autos
Nun, der Elektroantrieb an sich ist nicht das Problem. Die große Frage ist, woher kommt der Fahrstrom dafür? Denn selbst die noch immer sehr teure Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt letztlich elektrische Energie. Zunächst klingt es ziemlich verlockend, dass es derzeit keinen effizienteren Antrieb gibt als den elektrischen: Um eine mechanische Kilowattstunde im Fahrzeug zu haben, sind „nur“ 1,4 Kilowattstunden beispielsweise aus einem Photovoltaik-Kraftwerk nötig. Ein Verlust von nur 30 Prozent von der Erzeugungsquelle des Stroms bis zum Rad gilt als vergleichsweise äußerst gering.
Die Probleme lauern woanders:
- Generell würde ein E-Auto-Boom den Strom massiv verteuern, weil die Nachfrage steigt.
- Für die Stromerzeugung brauchen wir noch über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg weiterhin nicht-erneuerbare, also "schmutzige" Energien. Also verlagern wir beim Akku-basierten E-Auto die Abgase weitgehend nur vom Auspuff zum Kamin fossiler Kraftwerke. Der Bürger sieht es nur nicht. Einzig die Schadstoffbelastung auf Kniehöhe (Auspuff) in z.B. Städten geht zurück, und die Kamine im Kraftwerk haben bessere Filter als ein Auto.
- Im Grunde bestehen die Akkus für E-Autos – in ihren Komponenten aus den handelsüblichen aufladbaren Batterien (Batteriezellen genannt) die wir auch im Haushalt verwenden – nur eben massenhaft zum großen Akku gebündelt. Rasch kommt ein Gewicht von bis zu 750 Kilogramm zusammen. Und bekanntermaßen befinden sich in Batterien äußerst fragwürdige Innereien. Im Stahlgehäuse findet sich eine Mischung aus Ressourcen, die in aller Herren Länder häufig unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen abgebaut und unter enormem logistischen Aufwand zusammengetragen werden müssen – Lithium aus chilenischen Salzseen, meist umweltbelastend zu reinigendes Graphit, in Kinderarbeit abgebautes Kobalt, und viele Zutaten mehr, die den Akku erst zu einem Produkt machen. Ähnlich ist dies auch mit Elektronik und Kondensatoren, dafür braucht es Coltan, Tantal, etc. das Kupfer für die Kabel. Das meiste davon ist alles andere als nachhaltig und fair produziert ist.
- Um die Batteriezellen für ein E-Auto herzustellen, ist immens viel Energie nötig. Kommt diese Energie aus ökologisch nicht erneuerbaren ("schmutzigen") Quellen, entsteht dabei so viel Kohlendioxid, als fahre man sieben bis acht Jahre mit einem Verbrennungsmotor. Zur Nutzung der frevlerisch hergestellten Batterien steht das in keinem Verhältnis, da die Batterien nur etwa vier Jahre halten – sie werden rasch schwächer. Man erinnere sich nur an den Aufschrei von Apple's iPhone Kunden als klar wurde, dass die Leistung von iPhone Vorgängermodelle absichtlich gedrosselt wurde, um die Leistungsverschlechterung der Akkus zu kompensieren. Die Energiebilanz ist schon alleine deshalb deutlich schlechter als beim Verbrennungsmotor, und dabei ist eben der Fahrstrom, das Aufladen der Batterien, noch gar nicht berücksichtigt, ist damit also noch kein einziger Kilometer gefahren. Kurz: Die Energiebilanz des E-Autos ist eine einzige Katastrophe. Das will aber kaum ein Politiker wahrhaben.
- Strategisch braucht die europäische Autoindustrie mindestens zehn Werke zur Batteriezellenherstellung mit je rund drei Milliarden Euro Investitionsvolumen. Ansonsten gerät die Industrie ebenso in Abhängigkeit von asiatischen Akku-Produzenten, wie sie bisher von den erdölexportierenden Ländern abhängig war. Das Technologie-Know-how und die einhergehende Wettbewerbsfähigkeit anderen Kontinenten zu überlassen, wäre fatal – das wissen wir spätestens seit dem Schicksal der europäischen Photovoltaik-Hersteller. Die asiatische Konkurrenz hat sie ausgetrickst und weitgehend vom globalen Markt gefegt.
- Sind die Akkus dann am Ende, folgt ein aufwändiges Recycling oder die wiederum umweltbelastende Entsorgung. Bestenfalls folgt zunächst eine Zweitverwertung als Akku mit geringerer Leistung beispielsweise als Energiespeicher bei Photovoltaikanlagen.
- Damit lauert eine weitere Falle: Die durchschnittliche Lebensdauer eines Pkw mit Verbrennungsmotor von dzt. rund 17 Jahren erreicht ein E-Auto wegen mehr Elektronik, schnelleren Technologiewandels und des Akkus wohl nur eher zur Hälfte – und das auch nur bei teuren Akkuwechseln. Entsprechend müssen erheblich mehr Neufahrzeuge produziert werden. Das mag die Industrie freuen, ist aber kaum nachhaltig: Laut BP Energy Outlook 2018 verdoppelt sich nämlich die Zahl der Pkw bis 2040 sowieso schon auf rund zwei Milliarden, insbesondere wegen des steigenden Wohlstands in China und Indien; die Stückzahl steigt von derzeit rund 84 Millionen Neufahrzeugen pro Jahr auf voraussichtlich 100 Millionen im Jahr 2030.
- Schließlich stelle man sich vor, dass fast jedes E-Auto täglich mehrere Stunden an der Steckdose parken muss. Abgesehen vom Andrang stellt sich spätestens hier die Frage, wie unsere Stromnetze und E-Werke dieser gigantischen Energiebereitstellung standhalten sollen. In Norwegen – dank staatlicher Förderung das Land mit dem größten Elektroauto-Marktanteil weltweit – rät die Elektro-Lobby seit September 2017 vom Stromer-Kauf ab, sofern man das Auto nicht zuhause aufladen kann. Zu wenig Kapazitäten!
Allein das Schneckentempo beim Breitbandausbau für das schnelle Internet sowie der Probleme und dem Widerstand beim Ausbau von Stromtrassen in Deutschland zum Transport von Windstrom vom Norden in den Süden zeigt, dass eine Rundum-Versorgung von Ladeplätzen für alle eher illusorisch ist.
Am norwegischen Beispiel zeigt sich: Der E-Auto-Hype ist eine nicht zu Ende gedachte Revolution. Insofern wird wohl auf Dauer nur eine Technologie mit Wasserstoff unsere Probleme rund um saubere Energie und Energiespeicherung wirklich und nachhaltig lösen. Im Lichte dessen ist es verständlich, warum Toyota und Hyundai schon länger auch Wasserstoff-Fahrzeuge anbieten und weiterhin massiv in diese Technologie und Zukunft investieren.
Der Irrtum, Wasserstoff sei gefährlich
Das Problem beim Wasserstoff, übrigens das im Universum häufigste Element: Ein Elektrofahrzeug mit einer wasserstoffbetriebenen Brennstoffzelle braucht etwa doppelt soviel Ausgangsenergie wie ein Akku-basiertes E-Auto. In der Brennstoffzelle reagiert der Sauerstoff aus der Umgebungsluft mit dem Wasserstoff aus dem Drucktank kontrolliert zu Wasser – und setzt dabei elektrische Energie und etwas Abwärme frei.
Solange die Energie für die Wasserstofferzeugung (Elektrolyse) – ob flüssig oder gasförmig – aber nicht überwiegend oder nur noch aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Wasserkraft und Sonne kommt, stimmt die Ökobilanz auch dieser Technologie noch nicht. Dies, obwohl solche Energiequellen schier unerschöpflich verfügbar wären. Die Reichweite beim Wasserstoff und Brennstoffzelle ist zwar den Reichweiten von Benzin und Diesel ähnlich, und das Tanken geht schnell; aber weil Wasserstoff bisher meist mit Dampfreformierung aus Erdgas erzeugt wird, ist er so, mit einem Verlust von rund 70 % bis zum Rad, leider nicht attraktiv genug. Aber bei einer 15-17 Jahresbilanz schon heute in der Gesamtbetrachtung immerhin besser als ein E-Auto.
Sind die an sich unbegrenzt gegebenen, erneuerbaren Energiequellen eines Tages erst einmal durchweg genutzt und als Energie für uns permanent verfügbar – also auch nachts und bei Windstille in Form von Wasserstoff gespeichert –, ist das gewiss der Durchbruch.
Übrigens: das Schreckgespenst der horrenden Kosten zur Errichtung einer Infrastruktur für ein Wasserstoff-Tankstellen-Netz ist völlig zu vernachlässigen angesichts der riesigen Kosten für unwiederbringlich verbrannte fossile Kraftstoffe. Und auch zwei weitere hartnäckige Legenden zum Wasserstoff sind falsch:
- Die Tanks sind kein Problem – die Drucktanks sind inzwischen dichter als jene von Benzinern.
- Im schlimmen Fall explodiert der Tank nicht, sondern es folgt eine Deflagration, also ein rascher Abbrand.
Wobei auch Batterien nicht ungefährlich sind – denken Sie nur an Medienberichte über explodierte Handyakkus, infolge gab es ein Smartphone-Verbot gewisser Modelle auf Flügen, und über Brände ganzer Parkgaragen ausgelöst durch E-Bikes an der Ladestation. Hinzu kommt der Umstand, dass die Akkus beim E-Auto Hochvoltbatterien sind mit entsprechend höherem Kurzschlussrisiko wegen der hohen Energiemenge auf engstem Raum. Deshalb auch immer wieder die Stories vom plötzlichem Vollbrand von E-Autos während der Fahrt.
Es gilt eben generell, dass man mit allen größeren Energiemengen in hoher Dichte vorsichtig agieren sollte, ob Wasserstoff, Benzin, Diesel oder auch mit Batterien, im Worst-Case könnte eben auch alles explodieren.
Und, zum Schluss, auch die Hochvolt-Strahlung auf der man in einem E-Auto sitzt (Akkubetrieb) ist nicht zu ignorieren und eventuell auf die Dauer gesundheitsschädlich.
Wasserstoff im Verbrennungsmotor
Eine interessante Übergangslösung könnte sein, was Diplom-Ingenieur Dr. Ulrich Bez, einer der wohl herausragendsten Autobosse der Welt, am Nürburgring demonstriert hat. Dr. Bez war von 2000 bis 2014 CEO und Chairman des britischen Luxus-Sportwagenhersteller Aston Martin, davor Top-Manager bei Porsche, BMW und Daewoo. Dr. Ulrich Bez fuhr im Jahr 2013 mit einem fast serienmäßigen Aston Martin, Modell Rapide, weltweit einen der ersten wasserstoffbetriebenen Rennwagen für das 24h Nürburgring-Rennen erfolgreich auf den zweiten Platz seiner Klasse, also in einem anerkannten Rennen. Dabei konnte er jederzeit alternativ auf Benzin umschalten und sogar im Mix fahren. Dieser sozusagen Wasserstoff-Verbrennungsmotor (HICE) ist eine Übergangstechnologie, die die Zero-Emission-Fähigkeit (ZEV - Null-Emission) mit bestehenden Technologie ermöglicht und die Entwicklung eines Wasserstoffverteilungsnetzes vorantreiben könnte.
Mit dieser Lösung könnte man beispielsweise in Städten – wo ein solches Tankstellennetz rascher, einfacher und günstiger aufzubauen ist – zügig mit vorwiegend Wasserstoff fahren, Emissionen weitgehend reduzieren und bei Überlandfahrten weiterhin auf die altbewährten Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel setzen.
Als willkommener Nebeneffekt käme die Automobilzulieferindustrie, eine unserer Schlüsselindustrien in der EU, nicht so schnell in Bedrängnis: Denn ein Auto mit Verbrennungsmotor besteht aus rund 2.500 Teilen, ein E-Auto nur noch aus weit unter 1.000 Teilen. Zugleich würden wir durch ein solches Modell schon bald mehr Erfahrung sammeln, wenn es um Wasserstoff, die erforderliche Infrastruktur und nachhaltige Antriebstechnologien der Zukunft insgesamt geht.
Wie auch immer, wir werden jedenfalls in nächster Zeit und dann noch lange einen Mix aus verschiedensten Antriebstechnologien auf unseren Straßen sehen, vermutlich eine Art 25/25/25/25, der BP Energy Outlook 2018 prognostiziert für das Jahr 2040 über 300 Millionen E-Autos, das entspräche einem weltweiten Anteil von 15 %. Was sich letztlich dann auf Dauer durchsetzt, steht heute noch in den Sternen.
Übrigens verdanke ich es auch meinem hochgeschätzten Freund Dr.-Ing. Ulrich Bez, einem der herausragendsten und erfahrendsten internationalen Autobosse, dass ich über dieses Thema so viel dazu gelernt habe. Mein Dank für die Unterstützung am Faktencheck für diesen Artikel gebührt zudem meinem österr. Freund Prof. Dr.-Ing. Manfred Weissenbacher, ein Profi für das Thema um Energie und insbesondere Batterien, vom Institut für nachhaltige Energien an der Universität von Malta.